Antrag

Zinsanpassung zur Wiederherstellung einer Steuergerechtigkeit

Berlin, 17. März 2022. Die Anpassungen der Zinsen im Steuerrecht sind längst überfällig. Das aktuelle Zinsniveau liegt schon seit geraumer Zeit unter null Prozent. Dadurch ist es keinem Steuerpflichtigen möglich, durch verspäte-te Steuerzahlungen finanzielle Vorteile zu schöpfen. Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass durch die 15-monatige Verschiebung des Zinslaufs ohne Zinspflicht die durchschnittliche Verzinsung über den gesamten Zeitraum reduziert wird. Denn beispielsweise nach einer mehrjährigen Betriebsprüfung wer-den die fälligen Steuerzahlungen immer noch mit einem weit über dem Marktzins liegenden Zinssatz belastet. Umgekehrt wird ein Liquiditätsnachteil durch den hohen Erstattungszins überkompensiert, so dass der Begünstigte sogar einen nicht gerechtfertigten Sondervorteil genießt. Mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 stellte das Gericht die Verfassungswidrigkeit des Nachzahlungszinses von 0,5 Prozent pro Monat bzw. 6 Prozent p.a. fest. Danach sind die Steuerzinsen seit dem 1. Januar 2014 nicht mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar (1 BVR 2237/4, 1 BvR 2422/17). Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, für die Verzinsungszeiträume ab 2019 bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Grundsätzlich wäre der Gesetzgeber aber durchaus in der Lage, die Neuregelung zur Höhe der Zinsen auch insgesamt rückwirkend ab 2014 zu beschließen. Aus unserer Sicht besteht kein Zwang des Gesetz-gebers, sich an die Fortgeltungsanordnung bis 2019 zu halten. Insofern wäre eine rückwirkende Regelung insgesamt ab 2014 für die Nachzahlungszinsen eine Selbstverständlichkeit, um der Wiederherstellung einer Steuergerechtigkeit Rechnung zu tragen. Der Basiszinssatz liegt seit 2016 bei -0,88 Prozent p. a., so dass sich bei einer entsprechenden Anpassung zuzüglich eines Aufschlags von 2 Prozentpunkten momentan ein Zinssatz von 2,12 Prozent p. a. ergäbe. Wir sind der Auffassung, dass für alle Zinsen, die im Steuerrecht geregelt werden, eine einheitliche Höhe gelten sollte. Sollte dies im Rahmen der Neuregelung nicht umgesetzt werden, wird der Wider-spruch gerade bei den Stundungszinsen gem. § 234 AO deutlich. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn für eine Stundung, der keine Säumnis zugrunde liegt, weiterhin mit einem Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat gerechnet würde, eine Steuernachzahlung dagegen niedriger verzinst wird (BdSt, 2022).

Die Höhe des Abzinsungsfußes für die Pensionsrückstellungen für steuerliche Zwecke ist inzwischen ebenfalls weit vom Marktzinsniveau entfernt und nur noch rein fiskalisch begründet. Eine Anpassung an das Marktzinsniveau in Gestalt der geltenden Regelungen für die Handelsbilanz würde die Belastungssituation realistischer erfassen und zu einer gerechteren Besteuerung der Unternehmen führen. Die Literatur beklagt zudem eine unsystematische Regelung des Zinssystems im Steuerrecht. Nicht nur die ungerechte Überkompensation des Liquiditätsvorteils oder Liquiditätsnachteils wird kritisch betrachtet, sondern auch eine mangelnde Systematik beklagt. Tipke/Lang (in Steuerecht 23. Auflage) „Eine fiskalisch ausgerichtete Kombination von Soll- und Ist-Verzinsung und die Karenzzeit von 15 Monaten haben ein kaum mehr nachvollziehbares hochkomplexes Recht bewirkt, das der Gesetzgeber durch eine Reihe von Reparaturen zugunsten des Fiskus verunstaltet hat“. Und weiter: „… an seine Stelle sollte eine reine IstVerzinsung treten, die sich am Marktzinsniveau … orientiert“. Für Pensionsrückstellungen wird im Rahmen von Sondervorschriften ein Rechnungszinsfuß von derzeit 6 Prozent p. a. angesetzt. Auch dieser Zinssatz ist weit über dem derzeitigen Marktzinsniveau für lang-laufende […]

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