Antrag

Für Frieden und Menschenrechte in Armenien und Aserbaidschan

Berlin, 10. November 2022. Aserbaidschans jüngste Angriffe auf Armenien fanden statt, während Russland militärisch auf den Ukrainekrieg fixiert war. Präsident Alijew glaubte, eine günstige Gelegenheit ergriffen zu haben. Russland galt bisher als die Schutzmacht Armeniens, unterstützt dieses militärisch, mit Waffen und logistisch. Nun hat auch die USA angekündigt, Armenien beizustehen. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, fuhr nach Erewan, um die Wünsche der armenischen Regierung nach Unterstützung zu erfahren. Ob dieser Besuch zur Stabilisierung der Situation beiträgt, ist fraglich.

Aserbaidschan hat in seiner aggressiven Haltung die Türkei an seiner Seite. Zur Vertiefung dieser Partnerschaft gebrauchen Regierungsvertreter vermehrt nationalistisch-islamistische Propaganda. Im Dezember 2021 sagte Konul Nurullayeva, Mitglied der Nationalversammlung: „Der Sieg, den wir in den 44 Tagen errangen, ist ein Sieg der gesamten islamischen Welt. Es wurden mehrere Versuche gemacht, islamische Werte zu zerstören in Landstrichen, die seit 30 Jahren zu Aserbaidschan gehörten. Aserbaidschan hat auch diesen Prozess gestoppt.“ Sie sagte, die Stadt Schuscha sei die Perle von Bergkarabach, die Kulturhauptstadt Aserbaidschans und der islamischen Welt zugleich. „Neue Moscheen werden gebaut, und der Klang der Gebetsrufe wird wieder aus Karabach ertönen, und keine Macht wird uns aufhalten.“ Dieser Artikel wurde in acht bedeutenden arabischen Medienanstalten ausgestrahlt, in Ägypten, Marokko, Algerien und Irak.

Diese Propaganda erhält ihre besondere Polemik anhand der Geschichte von Schuscha: Vor ca. 600 Jahren zuerst als armenische Siedlung erwähnt, hatte sie Ende des 19. Jahrhunderts 27.000 Einwohner, davon 57% Armenier und 43% Aserbaidschaner. Mit Hilfe von kurdischen Milizen fanden dann in den Jahren 1919 und 1920 mehrere Pogrome statt, die fast die gesamte armenische Bevölkerung töteten oder vertrieben.

Die Ghasantschezoz-Kathedrale in Schuscha, nationales Heiligtum und spirituelles Zentrum der Armenier in Bergkarabach, wurde am 8. Oktober 2020 von Aserbaidschan bombardiert, dabei das Dach und der Hauptturm zerstört. Aserbaidschan hat die Restaurierung der Kirche zugesagt, behauptet aber, der Turm sei eine moderne Hinzufügung, obwohl er mindestens 120 Jahre alt war. Erstmals wurde er im Pogrom von 1920 zerstört.

Die aktuelle Rhetorik Aserbaidschans zielt also darauf ab, den Zustand wie nach dem Pogrom wiederherzustellen. Für die Regierung ist das der Urzustand, frei von Fälschungen und gebietsfremden Hinzufügungen. Dies geht zurück auf die nationalistische Geschichtsschreibung des aserbaidschanischen Historikers Ziya Buniyatov in den 1950er Jahren. Alle armenischen Inschriften auf Kirchen in Aserbaidschan sind demnach spätere Ergänzungen und Folge einer „Armenisierung“ im Zuge der armenischen Emigration des frühen 19. Jahrhunderts in das Gebiet. Die Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International spricht von einem drohenden kulturellen Genozid: „Die Anstrengungen der aserbaidschanischen Regierung, alle Spuren armenischer Geschichte auf dem von ihr kontrollierten Gebiet zu vernichten, entspricht ganz der gegen lebendige Armenier gerichteten ethnischen und religiösen Säuberung.“

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